Am 31. Januar versammelten sich in Genf also ungefaehr 1’000 Menschen, um ihrer Wut auf die selbsternannten Elite, die sich jaehrlich in Davos versammelt, Ausdruck zu verleihen. Eine Wut, die mehr als berechtigt ist, denn die Chefs globaltaetiger Grosskonzerne und die Politiker der wirtschaftlich wichtigen Laender, die dieses Jahr am WEF nicht ganz so viel Champagner gesoffen und Kaviar gefressen haben, wie ueblich, sind direct fuer solche Schweinereien, wie zum Beispiel die aktuelle Finanzkrise verantwortlich. Und dann entbloeden sie sich noch nicht mal, ihre Verluste auf uns alle zu uebertragen, nachdem sie zuvor schon jahrelang auf dem Ruecken und ueber unzaehlige Leichen erwirtschaftete Gewinne in die eigenen Saecke gesteckt haben
Und wenn sie nicht gerade grosses Unheil ueber die Bevoelkerung der vielbesungenen Industrienationen bringen, beuten sie eben anderswo riesige Gebiete mitsamt ihren Bewohnern aus – sei es nun unter Mithilfe der korrupten Lokalpolitiker oder mithilfe von Kriegen, wenn die betroffenen Menschen sich ihnen in den Weg zu stellen versuchen. Schliesslich brauchen wir hier schon nur zur Aufrechterhaltung des Zustands Unmengen an Rohstoffen und dies moeglichst billig. Denn ebenso unverrueckbar ist das Gesetz wonach die Unternehmen Gewinn erzielen muessen.
Die Maechtigen schreiben Gesetze zum Schutz der Wirtschaft und ihres Eigentums und wir alle haben schon so oft gehoert, dass die Wirtschaft stark sein und wachsen muss, damit es uns allen gut geht, dass wir dieses Ammenmaerchen leider bereits zu glauben scheinen. Jedenfalls scheffeln die Anzugtraeger massenhaft Kohle und wir glotzen in die Roehre. Die Schere zwischen Arm und Reich wird immer grosser und die Schweiz lockt Superreiche auch noch mit Steuervorteilen an. Zu unserem Besten, so sagen sie, sei all dies, doch eigentlich ist es nichts weiter als ein weiterer Schlag in die Fresse, in die Gesichter von uns allen.
Um auch nur den kleinsten Kratzer an der Fassade des Friede-Freude-Eierkuchen-Jetzt zu verhindern, haben die Genfer Polizei und treue Staatsdiener aus der naheliegenden Umgebung es fuer noetig gehalten mit einem ueber 1,5 Millionen Franken teuren Einsatz jeglichen Widerspruch, dessen Form ihnen nicht passte, im Keim zu ersticken. Wegen des boesen, boesen Schwarzen Blocks, sagten sie gegenueber den Zeitungen. Der schwarze Block, der im uebrigen nur aus Personen aus vier deutschschweizer Staedten bestehen soll, so wussten die Polizisten weiter zu berichten. Auch dies blosse Taktik: Protest vonseiten Einheimischer die Legitimitaet zu entziehen ist etwas schwieriger, als einfach zu behaupten, dass all die boesen Kraefte Fremde, quasi Auslaender seien. Und tatsaechlich weist diese Trennungstaktik dieselbe Struktur auf, wie diejenige, die “uns” zu Schweizern und Schweizerinnen zu machen sucht, damit wir uns nicht mit den Fremdlingen abgeben.
Leider, leider haben sie damit anscheinend auch Erfolg. 1000 Menschen trafen sich, um diesen menschenverachtenden Wissenschaftlern, Politikern und CEO’s oeffentlich ein lautes Nein entgegenzustellen. 1000 Menschen.
Wo sind all die anderen, denen die Situation nicht passt? Oder sind all die anderen Bewohner dieser sogennanten Schweiz etwa zufrieden damit, wenn 60’000 Millionen – 60’000 Millionen – in ein Unternehmen gebuttert wird, das mithalf zigtausend Menschen ins Unglueck zu stuerzen, darueber beinahe pleite ging und in den Chefetagen dennoch keine Koepfe rollen? Oder wenn Unternehmen dieses Landes im letzten Jahr fuer ueber 500 Millionen Franken Kriegsmaterial exportierten? Waffenmaterial, das ueberall, ob in Pakistan oder Frankreich dazu gedacht ist, gegen Menschen eingesetzt zu werden, um zu toeten.
In Griechenland haben im vergangenen Dezember tausende Menschen ihrer Wut Luft verschafft und haben Einrichtungen angegriffen, die tagtaeglich mithelfen sie auszubeuten. Es folgten lange Streiks und vor wenigen Wochen haben auch die Bauern und Baeuerinnen oeffentlich auf ihre verzweifelte Situation aufmerksam zu machen versucht. In Lettland hatte die Regierung Sparmassnahmen und Steuererhoehungen angekuendigt, worauf die Menschen auf die Strasse gingen, In Island haben die wuetenden Menschen die Regierung gestuertzt.
In der Schweiz werden ca. 1000 Demonstrierende von der Polizei zerstreut. Es mag sein, dass es den Menschen hierzulande noch zu gut geht – materiell zumindest. Denn wir zweifeln nciht daran, dass es mehr als genug unglueckliche Menschen um uns gibt. Menschen, die sich nicht jeden Tag verkaufen wolen, aber nicht anders koennen. Menschen, denen dieser Ausverkauf von sich selbst nur noch mithilfe von Psychopharmaka oder Drogen gelingt und Menschen, die an der herrschenden Vereinzelung und dem Leistungsdruck zugrunde gehen. Statt sich jedoch – ob nun langsam oder schnell – selbst zugrunde zu richten, sollten wir damit beginnen eine Welt zu erschaffen, die uns nicht jeden Tag etwas mehr verstuemmelt.
Wir, die Ausgebeuteten, sind diejenigen, die diese Todesmaschine am Leben erhalten. Sie naehrt sich von unserem Blut, der Kraft unserer Koerper und unserer Gedanken und Ideen – ohne uns wuerde sie sofort zusammenbrechen. Und wenn sie das nicht tut, wird sie uns alle mit sich in den Abgrund reissen.
Nun gestehen wire in, das Widerstand nicht nur an Demonstrationen stattfindet oder stattfinden soll, sondern jederzeit und ueberall moeglich ist. Sei es nun durch mehr oder weniger militante Aktionen, durch Arbeitsverweigerung, durch die Bevorzugung des Lebendigen vor dem Geld und so weiter. Aber wir finden auch, dass wir uns von Zeit zu Zeit zusammenfinden solten, um zu sehen, dass wir den Maechtigen und deren Lakaien nciht alleine gegenueberstehen, um andere auf unseren Kampf aufmerksam zu machen, um Banden zu knuepfen und schliesslich auch, um unseren Peinigern auch mal in den Arsch zu treten.
Schliessen wir uns also zusammen – ohne uns sind sie nichts, wir ohne sie aber alles.
@morph